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BRIEF AN DIE FREUNDE VON SCHWESTER EMMANUELLE

« Was dem Leben Sinn gibt, ist, zu lieben. Lieben, das bedeutet, alles zu geben, sich selbst zu geben. Wenn man liebt, ist nichts unmöglich. ». (Schwester Emmanuelle)

Liebe Freundinnen, liebe Freunde,

Am vergangenen 19.Juni haben wir einen besonderen Geburtstag gefeiert: Michel Bittar, der Gründer unseres Vereins, wurde 90 Jahre alt!

Enlight3284Alles begann mit einem Scheck, der mehr oder weniger zufällig an Sr Emmanuelle gesandt wurde. Mit Hilfe von Freunden aus Genf macht sie in ihrer unnachahmlichen Art und mit Entschlossenheit den großzügigen Spender ausfindig. Sie überredet Michel Bittar mit der ihr eigenen Bestimmtheit und Überzeugungskraft, einen ihrer dringendsten Wünsche zu erfüllen: 100 000,- Dollar aufzutreiben, um eine Kompostfabrik in Kairo zu bauen, für eine Bevölkerungsgruppe, die mitten in der ägyptischen Hauptstadt im Müll vom Sammeln der Abfälle lebt.

So keimt der Gedanke, einen Schweizer Verein zu gründen. Eine Pioniertat, die entstanden ist aus einer Begegnung, die ebenso unwahrscheinlich wie von der Vorsehung bestimmt war. Es folgten die Vereine in Frankreich, Belgien und Österreich.
Denn das Schicksal dieser außergewöhnlichen Nonne, die beschlossen hatte, ihr Pensionistenleben bei den Ärmsten zu verbringen, lässt niemanden kalt.

Von einem unfehlbaren Glauben getrieben schreckt Sr Emmanuelle vor nichts zurück: nicht vor dem Elend, den beklagenswerten Lebensbedingungen, dem Gestank, nicht vor der Hitze oder der Gewalt. Ganz im Gegenteil: Daraus schöpft sie ihre Kraft. Später wird sie sogar sagen, dass die 22 Jahre, die sie bei den Müllsammlern in den Elendsvierteln von Azbet el-Nakhl und später Mokattam verbrachte, zu den schönsten ihres Lebens gehörten.

Dort eröffnet sie Schulen, schafft einen Spielplatz, gründet eine Nähwerkstätte, eine Tagesklinik und natürlich die berühmte Kompostfabrik. Sie kümmert sich darum, dass die Elendsviertel an Fließwasser und Stromnetz angeschlossen werden. Nichts scheint unerreichbar für die Frau, welche manche als “Seilschaftsführerin zu den Gipfeln der Nächstenliebe” bezeichnen.

1986 verschlechtert sich die Lage im Sudan. Eine islamistische Bewegung kontrolliert nun die Regierung. Michel, der in diesem Land geboren wurde, vernimmt den Hilferuf eines Cousins, der in Khartoum ein Heim für Straßenkinder gegründet hatte, die vor dem im Süden des Landes wütenden Bürgerkrieg geflohen waren. Die Situation übersteigt schnell seine Kräfte und Michel ruft Sr Emmanuelle zu Hilfe. Sie ist zur Stelle.

Gemeinsam finden sie die Mittel, um Bambusschulen zu bauen, wo 50 000 Kinder eine Mahlzeit erhalten, sie gründen Heime für die Kriegswaisen und Lehrwerkstätten zur Ausbildung der Vertriebenen, die in den Lagern um die Hauptstadt leben.

Nach mehr als 30 Jahren Engagement für den Verein und sein Komitee spürt Michel Bittar, noch immer mit Weitblick, die Notwendigkeit, den Verein breiter aufzustellen und eine neue Etappe in Angriff zu nehmen: Um den wachsenden Anforderungen der öffentlichen Institutionen zu genügen, wird der Verein professionalisiert.

Sein Sohn Patrick antwortet 2007 als erster auf Michels Idee und übernimmt die Leitung des Vereins.
Drei Jahre später, 2010, komme ich in der Rolle dazu, die Finanzgebarung an die Schweizer Gegebenheiten anzupassen.

Sehr schnell haben mich die Intelligenz, die Großzügigkeit und das Charisma von Michel Bittar beeindruckt. Von seiner Vision und seinem Engagement tief beeindruckt habe ich vor vier Jahren die Stelle als Finanzmeisterin und dann, auf seine Bitte hin, als Vorsitzende angenommen.

Dank des hervorragenden Austausches in der Führung dieses wunderbaren gemeinsamen Projekts haben wir eine ehrliche und kostbare Beziehung aufgebaut, wie sie uns nur das Leben schenken kann.
Und daher ist es mir ein Anliegen, Sr Emmanuelle meine große Dankbarkeit auszudrücken. Sie hat uns zusammengeführt: Ihr Geist möge unseren gemeinsamen Weg und die Handlungen des Vereins noch lange inspirieren!

*

Der Südsudan erlebt eine immer schwieriger werdende politischen wirtschaftliche und humanitäre Lage. Es droht ein Bürgerkrieg, der eigentlich nicht begonnen werden kann, denn die Rebellentruppen sind geschwächt und verstreut, ohne klar erkennbare Führung. Präsident Kiir ist im militärischen Vorteil und es ist ihm gelungen, seine Gegner zu entzweien. Doch die Lage bleibt angespannt, denn die Milizeinheiten organisieren sich an der äthiopischen Grenze neu, und ein eventuell stattfindender Prozess ihrs ehemaligen Chefs Machar könnte die Spannungen wieder verstärken.

Der Wechselkurs hat sich sehr verschlechtert: Seit Patricks Besuch im Oktober sank er von 4200 SSP pro Dollar auf 5700 SSP pro Dollar, was einem Wertverlust von 36% in sechs Monaten entspricht.

Aber es gibt auch eine gute Nachrichr: Die Unterstützung durch die Stadt Genf wird fortgesetzt!
Wir freuen uns, Ihnen berichten zu können, dass die Stadt Genf ihre Unterstützung für die Zeit 2025 -2027 für das Projekt „Ausbildung und Einkommen Schaffende Projekte“ verlängert. Das ist eine kostbare Hilfe in einem immer instabileren Kontext. Für ein Projekt, das von den Einheimischen sehr gut angenommen wird: Die 9 angebotenen Ausbildungen haben für die laufenden Kurse eine Rekordzahl an Anmeldungen mit 1970 Bewerbern für 451 Plätze (d.h.4,3 mal mehr Anfragen als Plätze, verglichen mit der Periode 2022-2024, wo es 2,3 mal Bewerbungen als Plätze gab)!

Leider betrifft das Aussetzen der Subventionen von USAID mehrere lokale NGOs, für welche unser Partner vor Ort maßgeschneiderte Ausbildungen angeboten hat. Aber anlässlich seines Besuchs in Genf im Mai kam es zu einem Treffen zwischen Betram, unserem Projektverantwortlichen vor Ort, mit dem Botschafter des Südsudans, welcher eine erneute mögliche Partnerschaft mit UNICEF für die Ausbildung der Kältetechniker in Aussicht stellte. Bis heute wurden nur 130 von den 1000 vorgesehenen ausgebildet.
Auch über ein weiteres Projekt für 25 Jugendliche wird gerade mit UNUCEF verhandelt.

Ihre Unterstützung ist wertvoller als je zuvor. Dank Ihrer Hilfe können wir weiterhin jene ausbilden, versorgen, ernähren und begleiten, die es am meisten brauchen. Ich erinnere daran, das 95% der Spenden an die Projekte unseres Vereins gehen, dank dem freiwilligen Engagement der Mehrheit seiner aktiven Mitglieder, die auch den Großteil der allgemeinen Kosten tragen.
TWINT Individueller Betrag DE

Herzlichen Dank für Ihre Treue und Ihre Großzügigkeit.

Florence Rivollet
Vorsitzende

Foto : Isabel Gaillard (Juni 2023)